Fritz Walter – Weather

10 07 2010

Der Plan war, nach dem Fruehstueck kurz aufzustehen, Geld holen und bezahlen und dann bis zum Mittag weiterpennen und danach Blog aktualisieren. Im Hostel dann die schlechte Nachricht: man muss um 12 raus sein und sie dulden es auch nicht, die Sachen ein paar Stunden stehen zu lassen. Gegen Bares (5 Reais) natuerlich moeglich. Oder man bezahlt nochmal einen kompletten Tag. Frechheit! Also hat sichs mit dem Ausschlafen auch erledigt und Packen war angesagt. Alles musste aufgrund der knapp einwoechigen Reise auf einem Schiff in einer etwas anderen Logik (Augenmerk auf einfache Zugaenglichkeit). Brot backen, 500g Spaghetti zum gleich essen und Rest mitnehmen, letzten Fruchtsaft mixen. Hat dann grade so gepasst und kurz nach 12 war das Brot fertig. Paraguay-Japan fertig gekuckt und kurz vor 1 losgetingelt ins Internetcafe. Das war so lahm, dass sogar die Locals gleich wieder raus sind und nach einer halben Stunde ich auch das Weite gesucht hab und zu dem im Hafengebaueude bin. Dort ganze 4h verbracht und gegen 18 zum “Voyager 3” gegangen, gutes Plaetzle fuer die Haengematte und erste Nacht zu suchen.

Der plumpe Capitano hat mich aber gleich wieder des Schiffes verwiesen und auch schon heute an Bord zu schlafen hat er abgelehnt. Sauber, ganz grosser Sport! Waehrend mir innerlich schon leicht der Kamm angeschwollen ist (hab das Ticket extra am offiziellen Ticketschalter fuer mehr Geld als bei den Typen auf der Strasse oder in freien Reiseagenturen gekauft, um 1.) zwischen dem kontrollierten Hafenbereich und der Stadt frei hin- und her wechseln zu koennen und 2.)so wie es die Schaltertante gesagt hat, schon eine Nacht frueher an Bord schlafen zu koennen) war ich schon fast auf dem Weg ins Hostel, aber das konnt’s irgendwie auch nicht sein. Also den hilfesuchenden Gringolookmodus eingeschaltet und vor dem Dampfer abgehaengt. Prombt ist ein Brasilieiro drauf angesprungen und ich hab ihm mein Leid geklagt. Er hat’s beim Capitano dann auch nochmal probiert, aber mit dem gleichen Ergebnis. Kurz spaeter kam dann ein anderer (suspekter) Typ, der mich dann Richtung Hafengebaeude an den anderen Booten mitgenommen hat. Mein gesundes Misstrauen hat gleich auf hoechste Aufmerksamkeit geschaltet, aber 3,4 Schiffe weiter drueben dann die Ueberraschung. Ein auf einem Gartenstuhl vor seinem Kahn hockender, sehr entspannter, aelterer Capitano wurde dann gefragt, ob ich auf seinem Schiff naechtigen koennte und dieser war freundlich und hat sofort eingewilligt. Topp! Banhieros (Sanitaeranlagen) konnte ich auch mitbenutzen. Auf einem nur zur Haelfte durch zu transportierende Matratzen belegten Oberdeck hab ich dann zum ersten Mal im Leben eine Haengematte aufgehaengt, mich reingehockt (eine Seite war deutlich hoeher, weil ich nur auf der einen Seite ein Stueck Seil – in Form meines Springseils fuer Sportmoeglichkeit unterwegs –  zur Vergroesserung der Spannweite hatte. Das Nachbarschiff war voll besetzt und brarilianische Mugge war aufgedreht, so dass erstmal wieder Geniessen des Augenblickes angesagt war. Eine Buechse SKOL vom Hafenkiosk hat der Situation die Krone aufgesetzt. Mit Fuessen weit nach oben und aus dem Mittelteil der Haengematte rausgehaengt recht gut geschlafen.

Am naechsten Morgen gemuetlich aufgestanden und spaeter das Schiff geentert und ein freies Plaetzle gesucht. Der Trick, die kurze Seite der Matte (ohne Seil) direkt am ans Schiff geschweissten Fernseherhalter zu befestigen wurde mir leider sofort untersagt und so musste das Ding erstmal schraeg aufgehaengt werden. Kein Problem! Recht zuegig wurde dann auf dem gesamten Deck jedes Stueckle Platz mit Matten behaengt und als ich mal knapp 10 min. nicht in meiner lag, hat die bloede Kuh (die kurz vorher schon mit ihrem Macker suchend rumgeschlichen ist) ihre Matte genau neben meine gehaengt, direkt daneben, das konnte so nicht klappen. Spater ist sie dann graetig auf dem Baenkle an der Seite des Decks gehockt. Um ihr das zu demonstrieren hab ich mich dann spaeter als sie auch gemuetlich in ihrer Matte Platz genommen hatte, als ich unterwegs war, auch in die Matte gelegt. Hin und Her-schwingend sind wir dann wild gegeneinander geboxt, aber ausser bloed zu kucken hat das Maedel nix hingekriegt. Fuer sie war wohl klar, dass das nicht ihr Problem sein konnte und sie kam nicht im Geringsten auf die Idee, nach einer Loesung zu suchen (Vielleicht etwas zu ruecken oder als Einheimische vielleicht mit den Leuten drum rum ein Ruecken insgesamt zu arrangieren).

Handfuessisch hab ich ihr dann gesagt, sie soll doch ihr Seil ein Stueck rueberschieben. Ihr Vorschlag war, ich soll doch weiter rueberschieben, Richtung meiner anderen Nachbarin (die zu zweit mit Ihrem Kind in der Matte schlafen sollte). Mein Kompromissvorschlag war dann, dass ich auf der einen Seite wegruecke und sie auf der anderen. Auch wenn das nichts Weltbewegendes bringen konnte. Also gut, ich hab mein Stueck geschoben und als sie sich aufgemacht hat ihren zu schieben bzw. ihre Erwartungshaltung war sicher, dass ich das fuer sie mache, hat ihr Handy geklingelt und dann ist sie lieber dran gegangen, als sich weiter mit der Platzthematik zu befassen. Na gut, es war ja noch Zeit bis zum Schlafen gehen. Gegen spaeter hab ich dann noch – auf dem Baenkle sitzend – den “Du dumme Sau-Blick” in die Waagschale der laufenden Verhandlungen geworfen, aber da war nix zu machen. Gemuetlich in ihrer Matte schaukelnd hat sie sich mit der Dame mit Kind unterhalten (sie war ihr ja als uebernaechste Person (neben mir) trotzdem recht nah…) und die beiden haben schmunzelnd, aber freundlich in meine Richtung geblickt und sie schienen sich ueber die Situation zu unterhalten. Ich hab es mal als “Kuck Dir den armen Gringo an, jetzt versteht er hier keinen und hat auch noch keinen Platz zu pennen” interpretiert. Vielleicht war es aber auch “Na Du bloeder Gringo, da haben wir Dich aber sauber verarscht, was?”. Ich seh da mal eher das Positive in den Menschen. Wie auch immer, jedenfalls hab ichs mit einem hoeflichen und freundlichen Laecheln dabei belassen.

Spaeter meine Matte in die zweite Ebene ueber die anderen gehaengt und so konnte ich mich mit einem Klimmzug an einem der Traeger ins Bett “fallen lassen”. Waehrend der Nacht, wenn man mal raus musste war es natuerlich schwierig, weil die Flaeche unten durch Haengematten und die Leute drin belegt war. So musste ich mich erstmal auf einen kleinen Fleck in der Mitte des Schiffes runterlassen und dann in tiefster Gangart unter den schlafenden Maedels durchrobben. In der ersten Nacht hab ich noch ganz gut geschlafen, weil ich noch aufzuholen hatte, danach war es allerdings meist eher maessig. Die folgenden Naechte sah’s dann aber eher so aus: Runterlassen (Blasen an den Haenden),zwischen auf dem Boden Gerotztem durchrobben, Wengert-Hexen-T-Shirt total verdrecken, wieder auftauchen mit Kaugummi an der Fusssohle. Leider war mein Platz ja auch noch direkt unter der Beleuchtung, die an meiner Stelle als der einzigsten auf dem Deck mit 2 Lampen (Made in Germany, war nahe genug dran, um es zu lesen) ausgestattet war. Ausserdem war die staendig laufende Glotze direkt neben meinem Kopf.  Ansonsten war der Trip (zumindest anfangs) aber zum Geniessen: Herrliche Musik auf dem Toppdeck, Aufbruchstimmung, entspanntes Sitzen in Gartenstuehlen auf dem Toppdeck (in der Haengematte chillen wie gedacht war ja nicht moeglich, und wenn Platz war war es – vor allem in der oberen Lage – derart heiss von dem direct ueber einem liegenden Decke; haette nur noch gefehlt, dass die Haengematten rotieren und man haette die Passagiere an die Urwaldmenschen im Stile vom Geggeles-Maier als Haehnchen verkaufen koennen), Nichtstun, Unterhalten, Lesen, Bier trinken in der Bar. An Bord 3 Kolumbianer, ein irisches Paeerchen, eine Franzoesin und ein Israeli kennengelernt (Die Israelis muessen 3 Jahre zum Wehrdienst und waren jedes Jahr fuer 1, 2 Monate eingezogen und in den Konflikten eingesetzt. Waffengebrauch inclusive).

In Kurzform verliefen die Tage dann meist so:

-schlecht geschlafen, also frueh aufgestanden und fruehstuecken (Kekse mit Margarine, stark gezuckerter Kaffee)

-morgens auf Toppdeck Tagebuch schreiben, weil noch nix los und nicht heiss

-Abhaengen und Musik hoeren

-Mit Leuten schwaetzen

-Mittagessen (Essen ueppig, aber monoton: Spaghetti, Reis, Salat, fast immer Geggele, Brotsamen, Wasser, manchmal Suppe)

-jeden 2. Tag duschen

-Abendessen

-Bier, Cachaca (Zuckerrohrschnaps), Acai mit Cachaca (bei den Einheimischen verpoehnt, macht schlechten Magen), Rum trinken

-One Night Stands in Haengematten haben (und ich war’s nicht)

-Delfine gesehen

-Die vorbeikommende Landschaft, Zivilisation,… beobachten

Zwischendurch waren auch mal Passagiere von Bord gegangen und hatten Luecken fuer Haengematten hinterlassen. Die daube Sau hat mich dann aufgefordert (ja, sie konnte sich doch damit beschaeftigen), an einen der freien Plaetze zu wechseln. Ich dachte mir nur „Leck mich am Arsch“ und bin zumFruehstueck abgedampft.

Am Tag des Viertelfinals gegen die Gauchos dann der vorlaeufige und auch entgueltige Hoehepunkt: Der perfekte Tag begann damit mich wie immer aufs Toppdeck zu verholen und Bissle zu schreiben. 4 Einheimische Passagiere waren auch zu Gegend und so gabs gleich eine Runde Cachaca angeboten. Auf nuechternen Magen waren die 4 Doppelten bis zum Spielbeginn dann die optimale Vorbereitung auf das Trainingsspiel gegen Maratonnas Ruempelhaufen. 2 Pfuetzen Skol mit dem Iren Colm (sprich Kolum) waren dann der optimale Begleiter zum Einzug ins Halbfinale. So fiel’s dann auch ausnahmsweise nicht schwer, als Siesta in der Haengematte zu pennen nach dem Mittagessen. Ausserdem war ja treffenderweise Fritz Walter – Weather (was ich Colm, wie schon zuvor im Canaimapark Sean aus Australien, erklaert hatte) und so war es unter Toppdeck etwas kuehler.  An dem Tag hatten wir auch den ersten laengeren Stopp und die Einheimischen und die Kolumbianer haben Fisch fuer ein Babeque auf dem Topp-Deck gekauft. So war es noch ein adaequater Abend mit Bier, Rum, Cachaca und gegrilltem Fisch.

Leider hats uns einen Tag spaeter (4 von 5 Gringos) erwischt und die Maegen haben rebelliert. Und zwar komplett! Nach dem dann ein kompletter Oelwechsel vollzogen war und ich die Nacht nicht in der Haengematte, sondern auf dem Baenkle “gepennt” hatte und nachts auch noch ein Stopp angesagt war, konnte ich am folgenden Tag nix anderes hinbekommen als pennen (im Schatten auf dem Topp-Deck, der sich dann aus dem Staub machte=fetter Sonnenbrand auf der Brust und Bauch und Arme), da selbst das fuers Lesen erforderliche Geoeffnet halten der Augen zu anstrengend war und es zudem dermassen wuchtiges Wetter hatte. Ausserdem waren ja meine beiden Nebenliegerinnen von Bord gegangen. Hoert sich gut an, aber ihr kennt ja den Spruch “Vom Regen in die Traufe”. Um den Raum zu sichern hatte ich meine Matte tiefer gehaengt, solange bis alle neuen Passagiere “versorgt” sind. Eine Familie hat dann eine Matte neben mich gehaengt im unteren Niveau und die des Mannes auf dem hohen Niveau, leicht rueber versetzt zu meiner, also wiederum unmoeglich, wenn meine oben haengt. Das hab ich dem Papa erklaert, aber konnts ihm entweder nicht verstaendlich machen oder ihm wars egal. Nach einer Demonstration durch Reinliegen in die Matte hat er seine dann wo anders hingehaengt. Dann kam aber wieder ein schlaues Maedchen und hat ihre genau unter meine gehaengt und auch noch den Fluchtweg mit Ihrem Zeug vollgestellt. Topp! Also war wieder oberste Etage angesagt bzw. die erste Nacht auf dem Baenkle. Danach dann mit Kopf Richtung Schiff aussen gepennt, so dass zumindest das Licht hinter meinem aufgehaengten VfB-Pulli verschwindend nicht mehr stoerte und ich ab dieser Nacht besser schlafen konnte.

Der Muell wurde teilweise einfach ueber Bord geworfen und vor allem noch im Hafen in Manaus haben die Leute ausgetrunkene Becher einfach ins Wasser gekippt. Vermutlich wissen sie es einfach nicht besser. Am Dienstag sollte ja dann der Ankunftstag sein und so interessierte man sich so langsam fuer die Ankunftszeit. Es gab wie immer verschiedene Versionen, zwischen 18 Uhr, 21-22 Uhr, morgens um 2 Uhr. Angekommen sind wir in Tabatinga ca. 23 Uhr. Raus und erstmal orientiert, Ziel war das Hostel Mahatu in Leticia, im kolumbianischen Teil der Stadt. Zu viert (die beiden Iren, der Israeli und ich; die Franzoesin sollte gleich frueh morgens das naechste Boot nehmen) ein Taxi genommen, die kaum sichtbare Grenze ueberwunden. Beim Tor des Hostels wollten grade irgendwelche andere Backpacker drueber klettern, weil offenbar keener aufmachte. Aber es kam dann jemand. Leider nur 2 Betten. Colm und Elizabeth haben sich entschieden, dann ins Hostel um die Ecke zu gehen und dort ein Doppelzimmer zu nehmen. Die nette Empfangsdame (Sofia) hat dort angerufen. Zwischen den beiden Grenzstaedten kann man frei hin und her gehen. Hier haeng ich jetzt seit 2 Tagen ab und heute war ich sage und schreibe von 9.30 bis 18.30 am Computer (von den Iren, die heute einen Dschungeltrip gemacht haben). Irgendwann naechste Woche gehts dann weiter, Richtung Westen. Wahrscheinlich mit einem Boot… Hier kommt man nur mit Boot oder Flieger weg und fliegen entspricht nicht der Reisephilosophie.

Die Bilder der letzten Woche gibts die naechsten Tage aus dem Internetcafe, das WiFi hier im Hostel ist zu lahm.

Leticia, Kolumbien; Wetter: heiss, ab und an Regen, Luftfeuchte: sehr, sehr hoch.



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