22. Oktober 2012, 9:23 Ortszeit Hessen…

5 12 2012

Sodele, mit Schrecken stellte ich kürzlich fest, dass der letzte Eintrag schon vom Monat August datiert. Außerdem trudelten per Gästebucheintrag sowie elektronischer Nachricht Beschwerden („ulmi auf U-Boot-Modus“) ein.

Aber Ihr wisst ja, reisen ist nicht gleich Urlaub!

 

22. Oktober 2012, 9:23 Ortszeit Hessen landet Bomberpilot Christian mit Hilfe seines Assistenten Dominik souverän den Condor-Vogel im hessischen Frankfurt auf dem Rollfeld des Flughafens. Ca. 11 Stunden vorher waren wir in Salvador da Bahia in Brasilien an Bord gegangen. Als ich noch nicht mal auf meinem Platz in der Holzklasse saß ging das Spießer-Theater auch schon los. Die einen beschwerten sich über die anderen („Die nimmt einfach 3 Magazine mit, es gibt doch auch noch andere Leute!“), andere fingen schon mal aufgrund von freien Plätzen fröhliches Plätzetauschen an, zur Freude der Flugbegleiterin („Sie können das schon machen, aber ich müsste es halt wissen!“). Aber wie in Südamerika gelernt sind wir Deutschen noch lange nicht – wie oft irrtümlich angenommen – die größten Spießer auf diesem Planeten. Und so beschwerte sich eine brasilianische Frau darüber, dass das Bordpersonal ihre Sprache nicht spricht. Fortan sollte die vor mir sitzende Mutter mit brasilianischem Mann Übersetzungsdienste leisten. Ich weiß nicht, ob folgende Ansage der Stewardess übersetzt wurde: „Sie hat nun mal bei einer deutschen Airline gebucht…und wir können auch nicht alle Sprachen der Länder können, die wir anfliegen“. Unterdessen hatte über dem Gang drüben der am Fenster sitzende junge Mann offenbar das am Vorder-Sitz befestigte Ess-Tischle betätigt und dabei stürzte das halbe Holzklasse-Menu des Vorgängers nach unten. Der Herr nahm’s mit Humor und bekam’ einen anderen Platz…während sich seine Nebensitzerin schief lachte. Es herrschte also ereignisreiche, angespannte (Flugbegleiterinnen) Stimmung. Da waren zeitungsgierige Fluggäste, die sich vom vorbei rollenden Wägele selbständig eine Zeitung schnappen wollten, nichts Besonderes. Anmerkenswert nur, dass diese Angriffe teilweise auch von den Flugbegleiterinnen abgewehrt wurden, wenn z.B. die Zeitung nur den Gästen einer höher einzustufenden Flugzeuggastklasse zustand.Ich hatte ja nicht wie meine Schwester Flugmeilen und demnach wie gesagt wie immer einen Platz in der Holzklasse inne. Das bedeutete wie schon beim Hinflug vor 2,5 Jahren kein Freisaufen und eingeschränkte (gar keine?) Auswahl beim Menu. Für einen Rucksacktouristen aber selbstverständlich nicht weiter schlimm. Außerdem gab’s einen Drink, für mich den obligatorischen Flieger-Klassiker Bloody Mary, für umme.

Die vor mir sitzende Mutti mit brasilianischem Mann hatte ja auch noch ein Kind am Start. Als also der Mann einmal an’s Gepäckfach musste, sapperte kurz später Schoppen-Milch auf mich runter. Aber kein Problem! Im Flieger-TV lief nur Schrott und so machte ich das, was ich auf längeren Busreisen auch immer tat: Musik aus meiner mittlerweile stattlichen Südamerika-Sammlung hören. Der Flug ging über Nacht, schlafen konnte ich trotzdem nicht.

Die Flugbegleiterinnen waren übrigens wie mittlerweile üblich bestenfalls Durchschnitt. Hierbei ist es auch egal, in welcher Klasse man mitfliegt.

 

Was war vorher geschehen?

Nach meiner 2-monatigen Portugiesischlern- und Routinereiseleben-Zeit mit kleiner persönlichen Volleyballvorbereitung in Fortaleza war ich erst ein Stück die Nordostküste des gigantischen Landes runtergereist, um dann im Bundesstaat Bahia in’s Innenland und zur sehr bekannten Chapada diamantina (eine Berglandschaft, nicht besonders hoch) abzubiegen. Von dort in einer Hauruck-Reiseaktion über Brasilia (Hauptstadt von Brasil) in den Bundesstaat Minas Gerais vorgedrungen. Minas Gerais ist bekannt für guten Cachaça, sehr gutes deftiges Essen und geschichtlich für die Goldstraße. Auch für schöne Frauen. In Diamantina lernte ich die quirlige Lili kennen, mit der ich fortan ein paar Tage reisen sollte und die mir, meiner Schwester und meinem zukünftigen Schwager (wie ich ihn zur Freude der Brasileiros immer vorstellte) später in Niterói unser Quartier und teilweise Reiseleitung stellte, um von dort Rio und Umgebung kennen zu lernen. Zwischendurch war ich noch bei meiner „brasilianischen Familie“ in São Paulo, wo wir beispielsweise auf ein Fescht von Paulistanos (wie die Bewohner der Stadt genannt werden), welche italienischen Hintergrund haben, gingen und auch das interessante Fußballmuseum besuchten. Zudem versuchten wir vergeblich meine Bolivares aus Venezuela zurückzutauschen.

Ende September kam also mein persönliches GSG9-Kommando, um mich endlich aus Südamerika rauszuboxen. Schon Anfang des Jahres wurde in einer geheimen Aktion mein Plätzle im Condor-Vogel gebucht. Gemeinsam sind wir dann von eben Niterói wieder die Küste entlang nordwärts gereist, bis Salvador da Bahia. Es folgen zu gegebener Zeit auch noch Fotos. Ganz grob gesagt sind wir die Küste hoch, haben eine Kolonie deutscher Auswanderer besucht, natürlich mit dem obligatorischen Essen „deutschen Essens“ und dem Konsum guten Bieres. Wir waren ein paar Tage am Strand abhängen, haben sehr viele brasilianische Spezialitäten gegessen und getrunken, historische Stätten gesehen, eine Kaffeefarm besucht, eben ein paar nette für mich abschließende Wochen verbracht. Außerdem hat uns Lili in und um Niterói gut auf Trapp gehalten und wir waren z.B. auch bei einer nächtlichen Samba-Veranstaltung und bei einem gemütlichen Konzert einer bekannten Band aus Minas Gerais (wer mal rein hören möchte: Clube da esquina, was soviel heisst wie Strasseneckenclub).

So kam ich denn an jenem 22. Oktober als Überraschungssouvenir mit aus dem Gepäckrückgabebereich des Flughafens und die Freude war riesig, dass die Ulmer’s endlich wieder vereint waren und ich es geschafft hatte, so lange Zeit heil zu bleiben.

Da ich statt dem erlaubten einen Liter Hochprozentigen mehrere Liter südamerikanischen guten Stoff an Bord hatte, war der deutsche Zoll noch ein letztes kleines Hindernis meiner Reise. Aber gut, in 2,5 Jahren Südamerika macht man weit aus schwierigere Momente durch. Und außerdem, wär hätte in seinem Blog schon schreiben können, dass er nach so einer langen Reise ohne Führerschein und Personalausweis (die ja bekanntlich an die bolivianische Mafia abgetreten wurden) wieder Boden der Bundesrepublik Deutschland betreten hat und als erstes Ausrufezeichen sich erstmal einen Eintrag im Zollregister verdient hat. Aber „oifache Buaba“ sind ja keine Schmuggler und deswegen gibt’s jetzt in Radauburg ein kleines Lager.

Meine Eltern waren überrascht, auch wenn sie schon geahnt und gehofft hatten, dass ich als gut 80 kg schweres Mitbringsel mit im Gepäck war. Ich habe übrigens meine Form gehalten, zumindest sieht es so aus, Gewicht exakt gehalten, sieht es allerdings von außen nach weniger aus. Die tatsächliche sportliche Form hol ich mir gerade zurück, reicht aber für hiesige Volleyballligen locker aus.

Mit dem krassen 5er-BMW meines Papas sind wir auf auffallend sauberen und unholprigen Autobahnen heim gedüst, in die schönste Stadt der Welt, Rottenburg am Neckar, im schönsten Land der Welt, das Schwabenland. In den folgenden 5 Tagen habe ich die ersten wichtigsten Amtsgänge erledigt und Freunde und Verwandte besucht, immer mit einer Flasche Rum aus Venezuela und einem Zukerrohrschnaps aus Brasil sowie kleineren Geschenken bewaffnet. So konnte ich durch Ausschenken südamerikanischer Tropfen und Gschenkle ein Bisle Südamerika in die schwäbischen Häuser bringen. Ich spreche übrigens immer noch fließend und akzentfrei schwäbisch. Was nix daran änderte, dass ich am letzten Willkommenstag etwas angeschwipst ins Bett ging, da ich nicht mehr so viel vertrage, da ich auf Reise fast nie saufte.

Einer der wichtigsten Termine war der beim Arbeitsamt, da ich ja erstmal arbeitslos bin. Meine Idee war vorzuschlagen, dass all meine Freunde das ALG (Arbeitslosengeld) direkt an mich überweisen, weil zahlen müssen sie ja eh. Und bei Direktabgabe würden sie den Empfänger sogar persönlich kennen. Leider geht das aber so nicht und ich musste offiziell beantragen. Kein Problem allerdings, da ich ja vor der Reise meine Hausaufgaben abgearbeitet hatte. Es war daher nur ein formaler Akt und wenige Tage später war alles geritzt. Danke trotzdem fürs Einzahlen.

Über Altenrhein am Bodensee (Schweiz), wo wir noch schnell unser Segelboot fürs Winterlager auswasserten bin ich dann mit der SBB nach Fribourg gereist. Sofort musste ich beim Ticketkauf bluten und stark unter den höheren schweizer Preisen leiden, weil es tatsächlich noch teurere Vereine als die Deutsche Bahn AG gibt. Dafür ist mein Spruch, dass ich mein ganzes Fränkli-Geld, dass ich zu dem Zeitpunkt hatte, alles der SBB gegeben habe, in der Familie von Barbara schon Kult. Barbara ist auch der Grund warum ich „ab und an“ in der Schweiz bin. Ihr habt ja alle gemerkt, dass ich sie in Chile vor gut 2 Jahren kennengelernt habe… Jetzt bin ich also dabei, mich wieder in Europa einzuleben und natürlich auf Jobsuche. Mal sehen, was dabei raus kommt. Man darf gespannt sein.

Wie gefordert werden dann bei Gelegenheit auch mal die „Nachträge“ in diesem Blog gepflegt.

Außerdem denke ich mir noch ein paar nette Sachen für Euch aus.

Übrigens habe ich allen, die seinerzeit am Preisausschreiben teilgenommen haben und auch ihre Adresse angegeben haben, wie versprochen eine Postkarte versendet (an Sonderpreisgewinner Jens aus Stade sogar 2-mal), die aber scheinbar nicht immer ankamen.

Ach ja und übrigens: In Rio de Janeiro hatte ich noch das Glück mit einer Bande Einheimischer zum Fußball-Klassiker Flamengo gegen Fluminense (auch Fla-Flu genannt) ins Stadion gehen zu können. Wie oft in Brasil war das Stadion seltsamerweise nur zur Hälfte bis 2 Drittel gefüllt. Und dass es sich die Einheimischen nicht leisten könnten zählt hier nicht.

Adele aus Europa: Wetter nasskalt, immer wieder Schneefall, Temperaturen pendeln um den Gefrierpunkt.



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