Die Deitschn

23 12 2011

Sodele, was ja nach dem kurzen Einwurf noch offen bleibt, sind ein paar Wochen Reise. In Ushuaia noch ein paar Tage abgehaengt und dann das mit unverschaemt teuerste Transportmittel der Reise-Geschichte genommen: Ein kleines „Schlauchboot“ mit Aussenborder, das uns in einer ca. 30 minuetigen Fahrt auf die Insel Navarino zum Puerto Navarino fuhr. Von dort mit einem Van abgeholt und ca. 1 h bis nach Puerto Williams (Chile). Puerto Navarino ist nicht wirklich ein Puerto, sondern vielmehr ein Steg. Oberhalb ein Gebaeude und dort wurde die Gepaeckkontrolle durchgefuehrt. Wieder hatte ich meinen zuletzt eingefuehrten Trick angewendet, um meine Lebensmittel ohne Verluste nach Chile einfuehren zu koennen. Die zuvor vor dem Haus streunenden Hunde hatten zwar schon meine Tasche umgeworfen und somit Hinweise gegeben. Jedoch hat der Grenzer, nachdem ich im die erlaubten Sachen gezeigt hatte, die Unerlaubten nicht entdeckt, auch wenn es ein ganz enges Hoeschen war und er fast die offene Quinoa-Packung entdeckt haette. In Puerto Williams angekommen, wurden noch die Pass-Stempel-Formalitaeten erledigt und es war die Frage, wer nun in welcher Unterkunft abgeliefert werden moechte. Die 3 Spananier und die Ami hatten im gleichen Schuppen vorab was klargemacht. Als einziger hatte ich natuerlich nix reserviert und angesagt, dass ich wohin moechte, wo es billig ist. Die Bande von der krisengeschuettelten iberischen Halbinsel fand das recht amuesant. Unsere Chaufeurin (schreibt man das so?) konnte nun mal ihre Kenntnisse ihrer Heimat unter Beweis stellen. Sie zog den Telefonjoker und rief´ bei irgendjemandem an, wo sie mich dann spaeter ablieferte. Aber es war nicht das guenstigste, weil es mindestens schonmal teurer war, wie das was ich per mail in anderem Schuppen angefragt hatte. Das hab´ hab ich dem Cheffe verklickert und dann hat er mir´s zum gleichen (niedrigeren) Preis gegeben. Guter Deal, und zu dem Zeitpunkt wusste ich ja noch nicht mal, dass ich damit fast sowas wie Vollpension (siehe Tante Nora) bekommen wuerde. Ausserdem noch nette Leute da. 2 Typen arbeiteten fuer die Telekomunikationsfirma Claro (aus Mexiko) und sollten am Kap Hoorn Instandhaltungsarbeiten machen. Die Danissa aus Santiago, die fuer ihre rund 40 Jahre noch recht flott daher kommt ist Soziologin und arbeitete an einem Projekt: Der Staat plant eine Trinkwasserversorgung und muss dafuer in die Territorien der indigenen Anwohner eindringen. Sie arbeitet dabei als Vermittlungsperson.

In Puerto Williams 2 Tage abgehaengt, ein paar nette Chilenen kennengelernt und auf einen Berg gewandert, von wo aus man eine schoene Sicht (bei Kaiserwetter) ueber den Beagle-Kanal hatte. Die Tante Nora, die in der Unterkunft arbeitete, fand’s ganz luschtig mit mir zu schwaetzen und nannte mich Schlitzohr. Netterweise hat sie mir bei den Mahlzeiten, fuer die andere stolze Preise zahlten, immer ein paar Reste gegeben. Am letzten Tag sass ich dann mit den bezahlenden Chilenen am Tisch und hab quasi das ganze Mittagessen gemeinsam mit denen bekommen, statt zwei gebratenen Hackfleischscheiben habe ich eben nur eine bekommen.

Apropos Wetter, jetzt war ich ja einige Tage in Feuerland (beim Autostopp und in Puerto Williams habe ich uebrigens ueber die Villa Baviera bzw. Colonia Dignidad erfahren, sucht das mal in den Suchmaschinen, wenn es nicht schon in den deutschen Medien war, der Boesewicht hat sich ja nach Deutscheland verdrueckt) und auch im suedlichsten Zipfel. Die bruellenden Vierziger, die schreienden Fuenfziger. Von wegen, es war schlimmstenfalls mal ein Bisle grau und hat leicht geschneit oder geregnet. Aber der grosse Sturm war da nicht dabei. Eine kleine Enttaeuschung.

In Puerto Williams und vor Abfahrt der Faehre nach Punta Arenas noch die ein oder andere skurile Geschichte erlebt, was ich hier nicht wiedergeben kann.

Durch die Kanaele sind wir also nach Punta Arenas geschippert. Im Vergleich zum Argentino-Schiffle auch zu vertretbarem Preis. Inklusive war Vollpension, also bekamen wir sogar das sog. „Once“ – eine Mahlzeit mit Brot und „Zubehoer“ und mit Kaffee/Tee – das die Chilenen je nach Haushalt zwischen Mittagessen und Abendessen einnehmen oder eben das Abendessen erzetzt. Ansonsten faul im Sessel abhaengen, ab und an raus zum Fotos machen oder an Deck Kraftuebungen machen, TV glotzen,… Bilder koennt ihr in der Galerie sehen.

Frueh morgens in Punta Arenas angekommen mit einem franzoesischem, jungen Paaerle ein Sammeltaxi genommen, aus dem wir dann paar hundert Meter spaeter wieder ausgestiegen sind, weil er uns verarschen wollte. Also hab ich ihm gesagt, wenn das so ist dann werde ich da vorne aussteigen. Gesagt getan und wir haben den Bus genommen. Sowieso billiger! Im Staedtle noch mit der Rocío getroffen, bei der ich beim ersten mal in Punta Arenas ein paar Tage gewohnt hatte. Ausserdem in einem kleinen Marktrestaurant Centolla gegessen, das ist so ein Krebsteil, das es nur hier im Sueden gibt. Spaeter ab nach Natales, wo die Faehre nach Puerto Montt abfahren sollte. Fuer die Zweifel ueber die anstehende Verpflegung der 3,5 Tage an Bord, noch  Pan con chicharrones gekauft. Ausserdem war auch nicht klar, wie teuer der Barkeeper an Bord seinen Stoff verkauft. Deshalb sicherheitshalber 1 Flasche guten Roten und eine Pulle guten Piscos der Marke Capel: Einen „Dorado“, un pisco distinto, de intenso aroma a madera ahumada y suaves notas de miel, vainilla y caramelo, 40 Umdrehungen. Eine gute Wahl, wie sich an Bord schnell rausstellen sollte.

An Bord die erste gute Ueberraschung, im Grossraumzimmer, in dem auch Kojen im Flur drin gewesen waeren, hatte ich Glueck und war in einer Ecke mit 4 Kojen untergebracht (was sich von den teureren 4-er Kabinen nur durch die nicht vorhandene Tuere unterschied), wir hatten sogar Fenster, fuer das andere in ihren 4-er Kabinen Aufpreis zahlten. Mitbewohner war ein Englaender (der mir gleich erklaerte, dass das zweitgroesste Sambaschulen-Festival ausserhalb Rio de Janeiro´s in Coburg stattfinden wuerde) und Chris, gebuertiger Stuttgarter und mir aus VfB-Dauerkarten-Zeiten aus dem A-Block vom Gesicht her bekannt war, wie ich spaeter feststellte. Er schmunzelte, als er meinen VfB-Pulli sah und ich aergerte mich fast schon, ich haette es mit einem FC Bayern-Erfolgsfan zu tun. Er erzaehlte mir aber von seinem VfB-Tattoo, welches er am Arm traegt. Sauber! An Deck lernte ich gleich einen Chilenen (mit dem sueddeutschen Nachnamen Sailer) und einen dicken Argentino, Krabbenfischer aus Feuerland, kennen. Es gab Mate und wir teilten uns mein Pan con chicharrones und der Pisco wurde angetestet.

Am 2. Tag, die See war ruhig, verspuerte ich im Sofa beim Lesen ueber die chilenische Geschichte Lust auf den rauchigen Pisco und Chris lies sich auch zu einem Glaesle ueberreden. So kam es, dass er dann abends seine Weinflaschen der Allgemeinheit spendete. Allgemeinheit heisst in dem Fall ein Gruepple von Deutschen, bei dem Chris schon gemuetlich in den Barsesseln abhaengte und mich herwinkte. „Die Deitschn“ bestanden forthin aus 2 Kumpels aus Sachsen (Sirko und Sven), einem Paaerle (Carsten und Nadja) aus dem Rheinland (Bonn), dem VfB-ler mit Tattoo und dem Ur-Schwaben aus Raudaburg am Neggr. Schnell wurde klar, „wo der Barthel den Moscht holt“, da von nun an die Deitschn die Hoheit ueber die Bar hatten und jede Nacht „abschliessen“ wuerden. Sven erzaehlte von seiner jaehrlichen Tour nach Kroatien, Segeln mit 7-8 Kumpels, die logistische Meisterleistung, das gute deutsche Paletten-Bier von Deutscheland nach Kroatien zu exportieren und auf die Segelyacht zu laden und der Art und Weise, wie man in Kroatien einen Segelschein erlangen kann, um sich dann eine Yacht mieten zu koennen. Running-Gag des Abends war die Unterhaltung ueber das anscheinend im Schiffsbauch befindliche Rotlichtviertel, in dem die Olga arbeitet und in dem es Imbissbuden mit Doener gibt.

Da wir ja durchgehend schoenes Wetter hatten (nicht mal der „Golfo de Penas“ (Golf der Leiden) war unruhig), haengten wir in der Bar-freien Zeit auf dem Sonnendeck ab, tranken Gerstensaft und erzaehlten Sinnloses. Unbestrittener Hoehepunkt war Sven´s Einsatz: Ein Bordmitarbeiter war gerade dran, die grossen Holzschachfiguren fuer das auf Deck gemalte Schachbrett zu streichen (siehe Bilder). Es waren die schwarzen Figuren und einer der Gruppe gab zu bedenken: „Hoffentlich streicht er die weissen nachher nicht auch noch schwarz“. Der trockene Sachse kam spontan mit der Loesung. „Wenn ihm das passiert und er schlau ist, dann malt er einfach die weissen Felder auch schwarz“.

Abends sassen wir in froehlicher Runde in unserer Bar und filosofierten, was wohl Heck und Buck auf englisch heissen koennte. Der Englischmuttersprachler-Joker blieb erfolglos und wir zitierten einen Crewmitarbeiter her, der uns weiterhelfen sollte, schliesslich ist Seefahrer´s internationale Sprache ja das Englisch. Er holte eine Liste seemaennischer Ausdruecke, in der besagtes Vokabular allerdings nicht zu finden war. Was nun? Mein kuehner Vorschlag war: „Fragen wir den Kapitaen“. Das Crewmitglied lachte verzerrt, machte auf dem Absatz kehrt und ward nicht mehr gesehen. Wir befanden uns also auf einer riesen Faehre und man wusste nicht, in der internationalen Seesprache – und so muss man sich das ja mal vor Augen halten – dem nicht spanisch sprechenden Lotsen das adequate Manoever bezueglich Bug und Heck zu erklaeren. Letztendlich aber nicht beunruhigend, weil wir sollten chilenische Gewaesser ja nicht verlassen. So liefen wir also nicht Gefahr, im Zielhafen Puerto Montt die Mole zu verfehlen und anschliessend Teile der chilenischen Cordillera abzureisen.

Ein viel groesserer Minuspunkt fuer die Crew war allerdings dem Barkeeper zuzuschreiben. Eines Nachts sassen wir (die Deitschn) noch alleine in der Bar. Die anderen Passagiere waren schon zu Koje gegangen, wahrscheinlich wollten sie im Morgengrauen irgendeine interessante Schiffspassage nicht verpassen, waehrend andere sich in der Koje noch von ihren Sitzungen in der Bar erholten. Jedenfalls war es ca. 1 Uhr und unsere selbst mitgebrachten Getraenkevorraete waren zu Ende gegangen. Das waere der Einsatz des Barkeepers gewesen. Dieser war aber schon laengere Zeit nicht mehr anzufinden gewesen, er hatte sich heimlich aus dem Staub gemacht. Ein kurzer Check der am Schott angeschlagenen Bar-Oeffnungszeiten zeigte, dass wir Recht auf mehr hatten. Zunaechst nahm ich mich der Sache an und verholte mich auf ein Deck tiefer, um die bodenbohnernden Crew-Mitglieder anzuhauen. Da gibt´s heut´ nix mehr, hiess es. Ich hatte hoeflich gefragt und man hat mir hoeflich gesagt, wie der Stand ist. Da ich ja gute Erziehung genoss´ und auch ab und an was davon zu sehen ist, akzeptierte ich und machte ich mich mit haengendem Kopf auf den Weg zurueck zur Bar. Der Sachse Sven wollte sich allerdings nicht geschlagen geben und wollte auch noch mal sein Bestes versuchen und verschwand. Mit der Ankuendigung, zur Not auch zum Kapitaen zu gehen. Minuten spaeter kam er mit der freudigen Nachricht zurueck, der Barkeeper wuerde geweckt werden und uns Stoff verkaufen. Kurz spaeter kam – unter tosendem Applaus – der dicke Barkeeper zurueck. Wir kauften gleich auf Vorrat. Ich interviewte noch den Mann der Stunde und er meinte, er haette noch nicht geschlafen, sondern gerade Abend gegessen. Egal, Sven´s Rundgang wurde mit Erfolg gekroent.

Ein ander Mal haengten wir auf dem Sonnendeck ab und es kam raus, dass der Carsten bei der Telekom arbeitet. Wie es sich als guter Deutscher gehoert hatten natuerlich der ein oder andere eine Geschichte zu Aerger mit der Telekom parat und die jedem bekannten Anrufe zum Call-Center und die elektronische Ansage: „Ich habe sie nicht richtig verstanden, bitte wiederholen sie ihr Anliegen noch einmal, vielen Dank“. Der Carsten, der zwar sagte, ihm koenne das nix an haben, hat sich allerdings dafuer recht emotional mit der Sache beschaeftigt. Wahrscheinlich zurecht hat er auch noch ein gutes Wort fuer die Telefon-Center-Mitarbeiter eingelegt, die den ganzen Frust der Kunden abbekommen. Jedenfalls ein paar luschtige Minuten mit den sueffisant provozierenden (Ex-)Telekom-Kunden, gekroent jedoch vom Kommentar einer der beiden Sachsen: „Ich bin ja schon froh, wenn beim Call-Center die Musik ausgeht!“

Zudem erwaehnenswert ist meine naechtliche Unterhaltung mit dem argentinischen Krabbenfischer. Er erklaerte mir, dass er genau wisse, wie Frauen ticken. Eine Freundin habe ihm erklaert, wie Frauen funktionieren und er hat mir also verschiedene weibliche Verhaltensmuster erklaert. Ausserdem gab er zum Besten, dass er regelmaessig in´s Bordell geht. Er bezahle die Frauen allerdings nicht, sondern er wuerde sie zum Essen in ein Restaurant einladen. Die Argentinier sind ja bekannt dafuer, sehr viel Stolz zu besitzen….

Bleibt noch zu erwaehnen, wie man sich im Kreis der Deitschn ueber meinen Blog bzw. Block luschtig gemacht hat. Da ich ja immer mit einem kleinen Block rumrenne, um jederzeit Notizen machen zu koennen und zudem die Deitschn (vielleicht aufgrund meiner sueddeutsch gefaerbten Aussprache) mich kaum verstanden als ich die Blog-Adresse diktierte, sagte man mir nach, ich haette gar keinen Blog, sondern nur den Block. Wie koennte ich aber in so einem in die Hosentasche passenden Block eine so lange Reise wiedergeben. Unglaubwuerdig! Das Ganze entwickelte sich zum luschtigen Wortspiel, bei dem Block oder Blog gesagt werden konnte und man meinte eben den Block oder den Blog. Verstanden? Ich gab also zu, gar keinen Blog zu besitzen, sondern nur einen Block. Dieser sei aber verlinkt mit meinem Tagebuch. Und im grossen Tagebuch ist natuerlich genuegend Platz fuer den Blog und seine Berichte. Hahaha!

 Adele aus Ancud: Auf Chiloé soll es ja staendig nur Regnen. Jedoch hat es in den ersten 2 Wochen hier kaum geregnet und fast jeden Tag die Sonne gescheint und die Temperaturen waren staendig um die 20 Grad. Erst die letzten Tage war es auch mal grauer und Bisle kuehler um die 15 Grad, jedoch fiel die grosse Menge des Regens meist nachts und tagsueber hats mal kurz geschauert.

Feliz navidad y un próspero año nuevo!

Schoenes Weihnachtsfescht und einen guten Rutsch!



Sprechstunde bei 120 km/h

10 12 2011

Sodele, da gibt ein aktuelles Erlebnis mal wieder Anlass fuer einen spontanen Artikel (der mittlerweile nicht mehr so spontan ist, da es mich ein paar Tage kostete in fertigzustellen):

Ich bin mittlerweile in Ancud, auf der Isla Grande de Chiloé, wo ich letztes Jahr schon gewesen war. Hier leb‘ ich mit der Familie, quasi wie ein Familienmitglied. Und so kam es, dass vor ein paar Tagen Lisa und Wilko anreisten, als wir gerade kurz vor dem Mittagessen fassen waren. Die beiden hatten ein Mietauto und wollten die gleiche Tour machen, die ich am Folgetag per Bus und Laufen vor hatte und ich fungierte als Uebersetzer fuer die Erklaerungen von Hospedaje-Besitzerin Mirta. Netterweise haben mich meine aus Aachen kommenden Landsleute dann gefragt, ob ich mitfahren moechte. Klar! Und so kam ich auf sehr bequeme und nebenher noch amuesante Art an ein paar Ecken der Insel, die ich sonst nicht erreicht haette. Die beiden sind sehr sympathische und luschtige Zeitgenossen, ausserdem sorgten die antiken Mann-Frau-Themen fuer die Wuerze und gute Unterhaltung waehrend der Fahrt.

Herausragend war dabei die von Lisa entwickelte Entscheidungsfindungstheorie: Jeder kennt ja das Phaenomaen, dass bei anstehender Entscheidung zwischen mehreren Optionen Mann und Frau nicht gleicher Meinung sind. Beispiel Abzweigung, faehrt man nach links oder rechts? Oft endet so was mit viel Aerger, die Frau ist graetig. Des Mannes Taktik kann daher sein, einzuschaetzen, was denn die Frau lieber moechte und stellt seine Meinung einfach darauf ein, dem Burgfrieden zuliebe. Der Schuss kann aber auch nach hinten losgehen, und die bessere Haelfte behauptet, man(n) haette ja nur seine Meinung geaendert, damit Ruhe herrscht (stimmt ja auch!). Damit nun also so eine Situation nicht entsteht, hat die schlaue Lisa folgende Entscheidungsfindungsmethode entwickelt:

Steht eine Entscheidung an, sollten beide durch Prinzip „geheime Wahl“ ihren Vorschlag auf ein Papierle notieren. Mein Hinweis dazu war, dass aber, wenn die Methode funktionieren soll, noch nicht viel darueber diskutiert worden sein darf, weil der Mann ja dann schon die Meinung der Frau einschaetzen kann. Man gab mir recht.

Der viel wichtigere Haken an der Sache ist allerdings die Situation, die entsteht, wenn die Abstimmung 1:1 ausgeht… Hierzu gabs keinen Verbesserungsvorschlag.

Am anderen Tag erlebten wir jedoch etwas viel Beeindruckenderes:

Die beiden entschieden sich, einen Mann mit seinem artigen kleinen Jungen mitzunehmen, die den letzten Bus verpasst hatten, um nach Ancud zurueck zu kommen. (Sie waren nach Dalcahue gefahren, um dort die Lamm-Preise zu erfragen; Lamm ist das traditionelle Weihnachtsessen von Chiloé). Die obligatorische Unterhaltung war meine Aufgabe und der Mann fragte mich, welchen Beruf meine beiden Landsleute haetten. Ingenieur ist der Wilko und die Lisa ist Aerztin. Ohne mit der Wimper zu zucken fing der Chilote dann an, mir seine Geschichte zu erzaehlen: An seinem Oberarm hatte er einen blaeulichen Fleck und alle seine Landsleute-Aerzte konnten nicht feststellen, um was es sich dabei handelte. Es daemmerte schon und die Sicht auf des Chiloten Leiden war beschraenkt. Trotzdem nahm Lisa sofort ihre Arbeit auf (Handy-Zeitalter, in dem selbige Dinger ein eingebautes Licht haben, half, den Missstand zu ueberwinden), stellte routiniert ihre Fragen nach Symptomen, der Chilote zog seine Jacke aus und die Fachfrau brauchte nicht lange um festzustellen, dass es sich um einen harmlosen „Naevus coeruleus“ handelte. Das alles bei 120 km/h auf dem Heimweg. So wenig wie ich mit Medizin zu tun habe, so schnell wurde ich zum Assistenzarzt. Lisa erzaehlte mir ihre Medizin-Geschichten auf deutsch, die ich dem Chiloten auf spanisch uebersetzte, der wiederum erzaehlte mir seine Sache, die ich der Lisa auf deutsch uebersetzte. Die Diagnose war ja schon gefaellt worden, jetzt musste also noch die Ueberweisung an den entsprechenden Facharzt erteilt werden. Der Chilote schlug vor, am naechsten Tag zu unserer Unterkunft zu kommen, damit die Lisa ihm Entsprechendes ausstellen koennte. Das war aber ja nicht noetig, weil alles schon gesagt worden war. Assistenzarzt Ulmer packte also seinen kleinen Blog (Achtung Wortspiel!) aus und Oberaerztin Lisa gab nochmal den Fall durch und ihr kleines Handy-, I-Pod- was auch immer -Geraet half, die Diagnose zu uebersetzen. Der Chilote sollte zum Dermatologen gehen, da wuerde (ist das so grammatikalisch richtig auf deutsche Sprache, schwere Sprache??) ihm geholfen, dass hatten wir ja schon ruebergebracht. Er wollte das jedoch noch schriftlich haben. So hab ich illegalerweise (mit meiner nicht ganz passenden beruflichen Bildung) noch die Ueberweisung zum Facharzt fertig gemacht. Unterschrieben allerdings nicht, hahaha.

Adele aus Ancud: Es ist dunkel, Zeit zum Schlafen gehen, keine Ahnung wie das Wetter in diesem Moment ist. Aber seit einer Woche auf Chiloé hat es jeden Tag, ausser heute, Sonne gegeben, um die 20 Grad.